Druckgeschwüre sicher verhindern

Eine der folgenschwersten Komplikationen von Bewegungsunfähigkeit und Bettlägerigkeit ist das Entstehen von Druckstellen in der Haut, die sich bis zum Druckgeschwür entwickeln können. Nur eine konsequent durchgeführte Dekubitusprophylaxe kann vor diesem Schicksal schützen.

Bettlägerige Seniorin mit Dekubitusrisiko Bettlägerige Seniorin mit Dekubitusrisiko

Wie und wo entsteht ein Dekubitus?

Ein Dekubitus entsteht durch Druck (auch in Kombination mit sog. Scherkräften), der auf ein lokal begrenztes Körperareal einwirkt. Da die obersten Hautschichten (Epidermis) aus verhornenden Zellschichten von hoher Festigkeit und Dichtigkeit ohne Blut- und Nervenversorgung bestehen, können sie lange hohem Druck widerstehen, bevor es zur offensichtlichen Schädigung kommt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass noch bevor Schäden an den obersten Hautschichten sichtbar werden, tiefere Schichten wie Muskel- und Fettgewebe bereits geschädigt sind.

Je nachdem, wo der Druck auf die Haut einwirkt, kann sich ein Dekubitus an jeder Körperstelle entwickeln. Das größte Risiko ist aber gegeben, wenn der Auflagedruck des Körpers und der Gegendruck der Aufliegefläche senkrecht auf ein Hautareal einwirken, das über knöchernen Vorsprüngen mit wenig druckverteilendem, elastischem Muskel- und Unterhautfettgewebe liegt. Dementsprechend entwickeln sich ca. 95 % aller Druckgeschwüre an den fünf klassischen Dekubituslokalisationen: im Sakralbereich (Kreuzbeinbereich), an den Fersen und Sitzbeinen, am großen Rollhügel (Trochanter major / Hüfte) sowie an den seitlichen Fußknöcheln.

Neben dem Hauptfaktor Druck sind aber noch eine nahezu endlose Liste von Risikofaktoren zu beachten, die jeweils auf unterschiedliche Art und Weise die Dekubitusentstehung beeinflussen können. Hilfreich bei der Einschätzung ist deshalb die Unterteilung von Dekubitusrisiken in primäre und sekundäre Risikofaktoren.

Primäre Risikofaktoren beeinflussen den Mobilitätsgrad des Patienten und führen damit zur riskanten Verlängerung der Druckeinwirkungszeit. Das größte Risiko besteht bei vollständiger bzw. totaler Immobilität, wenn keinerlei druckentlastende spontane Bewegungen des Betroffenen mehr möglich sind, beispielsweise bei Bewusstlosigkeit, Narkose oder vollständiger Lähmung. Ein hohes Gefährungspotenzial ergibt sich auch bei relativer Immobilität, weil Spontanbewegungen mehr oder weniger eingeschränkt sind, zum Beispiel durch Sedierung, Knochenbrüche (Frakturen), starke Schmerzen, Halbseitenlähmung oder Sensibilitätsstörungen unterschiedlicher Ursache.

Als sekundäre Risikofaktoren gelten alle Zustände und Krankheitsbilder, die vor allem die Funktionsfähigkeit und Widerstandskraft der Haut beeinträchtigen, sodass es bereits bei kurzen Druckeinwirkungen zur Schädigung kommen kann. Beispiele hierfür sind Fieber (> 39°C), Infektionen, Mangel- oder Fehlernährung (Malnutrition), krankhafte, sehr starke Abmagerung (Kachexie), dünne, trockene, rissige Altershaut, Hautkrankheiten oder mazerierte, aufgeweichte Haut bei Inkontinenz.

Die fünf Säulen der Dekubitusprophylaxe

Die Durchführung einer wirkungsvollen Dekubitusprophylaxe ist keine einfache Sache und durch einen Einzelnen kaum durchführbar. Am besten besprechen Sie die damit zusammenhängenden Probleme mit einer erfahrenen Pflegefachkraft. Diese weiß auch, welche Lagerungshilfsmittel bei Ihrem pflegebedürftigen Angehörigen von Nutzen sind und wo Sie diese erhalten können.

    • Dekubitusgefahr erkennen! Als einfache Regel kann gelten: Je bewegungsunfähiger ein Mensch ist, desto größer ist sein Dekubitusrisiko. Bei der Einschätzung des Risikos wird Ihnen eine erfahrene Pflegefachkraft zur Seite stehen.
    • Haut beobachten! Die Haut des als gefährdet eingeschätzten Pflegebedürftigen ist mindestens einmal täglich auf Anzeichen für eine beginnende Druckbelastung zu inspizieren. Erste Anzeichen sind weiße bzw. rote, scharf begrenzte Hautstellen, die sich nicht mehr wegdrücken lassen. Besonders sorgfältig sind die klassischen Dekubituslokalisationen wie Sakralbereich, Trochanter und Fersen zu kontrollieren. Bei ersten Anzeichen muss sofort mit der Druckentlastung begonnen werden.

    • Druckentlastend lagern! Zur Verhütung eines Dekubitus gibt es nur eine einzige wirksame Maßnahme: Die Druckeinwirkung muss ausgeschaltet werden. Dies kann durch Umlagern, Weichlagern oder Freilagern bzw. eine Kombination aller Lagerungsmaßnahmen geschehen. Welche Lagerungen durchgeführt werden können, ist abhängig von der Dekubituslokalisation. Dabei gilt die 30°-Schräglagerung, abwechselnd links und rechts, als die risikoärmste Lagerung, die bei jeder Dekubituslokalisation angewendet werden kann.

      Auch der zeitliche Abstand, in dem der Betroffene umgebettet wird, ist für die Effizienz der druckentlastenden Lagerung von entscheidender Bedeutung. Für eine Routineprophylaxe wurde bis noch vor einiger Zeit ein 2-Stundenrhythmus vorgeschlagen. Mittlerweile ist Standard, den Allgemeinzustand des Betroffenen bzw. den Zustand der Haut als Richtschnur zu nehmen, sodass beispielsweise alle halbe Stunde oder alle vier bis sechs Stunden umgebettet wird. Da eine solche druckentlastende Dekubitusprophylaxe in der häuslichen Pflege so gut wie nicht durchzuführen ist, insbesondere in der Nacht, sind moderne Antidekubitusmatratzen einzusetzen. Diese Matratzen, beispielsweise vom Typ Turnsoft, sind in der Lage, die Patienten automatisch, aber dabei schonend und langsam umzubetten. Der Patient spürt von den automatischen Bewegungen der Antidekubitusmatratze zumeist nichts, er hat keine Schmerzen und der Schlaf wird auch nicht unterbrochen.
    • Patienten mobilisieren! Immobilität ist der größte Risikofaktor. Deshalb sollte alles versucht werden, um den Pflegebedürftigen so schnell wie möglich zu mobilisieren bzw. ihm seine evtl. vorhandene Restmobilität zu erhalten, so zum Beispiel durch Aufsetzen oder passive und aktive Bewegungsübungen im Bett
    • Hautpflege intensivieren! Eine gesunde Haut ist gegen Druckbelastungen widerstandsfähiger als eine vorgeschädigte. Deshalb ist sie insbesondere an den klassischen Dekubitusstellen (Sakral-/Kreuzbeinbereich, Fersen, Rollhügel oder auch Trochanter [Knochenvorsprünge im Bereich des Oberschenkelknochens], Sitzbein) mit geeigneten Hautschutzpräparaten sorgfältig zu pflegen. Wichtiger Hinweis: Der Expertenstandard Dekubitusprophylaxe empfiehlt u.a.: "Bei trockener Haut sollten Wasser-in-Öl (W/O)-Präparate eingesetzt werden. Nicht verwendet werden sollten Pasten, Salben und Cremes, die die Haut verschließen (z. B. Vaseline, Zinkpaste, Melkfett), desinfizierende und austrocknende Waschzusätze (z. B. Alkohol, Franzbranntwein), gerbende Substanzen, durchblutungsfördernde Maßnahmen (z. B. Salben und Massagen), sowie Wechselthermomethoden wie Eisen und Fönen.
    Patient im Bett in der 30-Grad-Schräglagerung zur Dekubitusprophylaxe

    Anwendungsvideo

    Lagerungstechniken zur Dekubitus-Prophylaxe

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