Die umgangssprachlich auch als Arterienverkalkung bezeichnete Arteriosklerose ist die häufigste Blutgefäßerkrankung. Sie kann alle Arterien des Körpers betreffen und führt fortschreitend zu schweren Durchblutungsstörungen mit oft dramatischen Folgen wie Herzinfakrt oder Schlaganfall.
Was ist Arteriosklerose?
Arterien haben im Blutkreislauf die Aufgabe, nähr- und sauerstoffreiches Blut zu den Organen und Geweben zu transportieren. Das Herz dient dabei als Motor und Pumpe und treibt das Blut unermüdlich bis in weit vom Herzen entfernte (periphere) Körperbereiche. Damit die Arterien ihre Transportaufgaben erfüllen können, verfügen sie über einen speziellen, dreischichtigen Gefäßaufbau: Die innerste Schicht (Intima) aus flachen sog. Endothelzellen tritt direkt mit den Blutbestandteilen in Kontakt und gewährleistet normalerweise einen reibungslosen Blutfluss. Die mittlere Schicht (Media) besteht überwiegend aus Muskelzellen bzw. -fasern, die so elastisch sind, dass sie hohem Druck standhalten und beispielsweise eine Eng- und Weitstellung des Gefäßes ermöglichen. Ein kräftiges Bindegewebe bildet dann die äußere Hülle der Arterie (Adventitia).
Arteriosklerotische Schäden entwickeln sich nun vor allem in der Intima von Arterien sowie in den inneren Schichten der Media. Durch die für das Krankheitsbild typische, chronisch fortschreitende Plaquebildung und verhärtende Bindegewebswucherung kommt es zur Querschnittsverengung und einem Elastizitätsverlust der Gefäße. Das arterielle System wird funktionsunfähig.
Arteriosklerose: Entstehung und Folgen
Ausgangspunkt für arteriosklerotische Veränderungen ist eine Schädigung (Läsion) der Endothelschicht der Intima. Was genau eine Schädigung auslösen kann, ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt, wenngleich so manche Risikofaktoren als gesichert gelten.
In jedem Fall aber muss der Endothelschaden – wie jede andere Verletzung auch – durch die körpereigenen Reparaturmechanismen behoben werden. Grob skizziert heften sich als erste Reaktion Blutplättchen an die Läsion an, um die schadhafte Stelle abzudichten. Immunabwehrzellen, vorwiegend Makrophagen, die auch als „Fresszellen“ bekannt sind, sorgen dann für die Vernichtung von Mikroorganismen bzw. von Zelltrümmern. Dies wiederum hat eine verstärkte Ausreifung und Einwanderung glatter Muskelzellen der Media in die Intima der Gefäßwand zur Folge, mit dem Zweck, das geschädigte Gewebe durch ein neues zu ersetzen.
Die unebene Reparaturstelle aber behindert nun den Blutfluss, sodass im Blut transportierte Blutfette und Kalk daran hängen bleiben und durch die Anhäufung so genannte Plaques entstehen. Besonders verhängnisvoll wirkt sich dabei die Neigung der Makrophagen aus, sich mit LDL-Cholesterin – also dem „schlechten“ Cholesterin – voll zu fressen. Sie lagern sich dann in der Gefäßwand ein und bilden dort die fettangereicherten Schaumzellen, die immer weiter wachsen, schließlich aufplatzen und neue Makrophagen anlocken. Die Plaques werden so immer größer, verschließen zunehmend die Arterien und beeinträchtigen die so wichtige Elastizität der Arterien.
Es dauert in der Regel lange Jahre, bis die arteriosklerotischen Veränderungen sichtbar werden. Häufig ist es ein noch höherer Blutdruck die erste Folge der Arteriosklerose, der Hinweise auf die fortschreitende Verkalkung gibt, weil das Herz durch Steigerung der Pumpleistung Elastizitätsverlust und Gefäßverengung ausgleichen will. Abhängig davon, welche Arterien betroffen sind, zeigen sich dann die verschiedensten, oft lebensbedrohlichen Gefäßerkrankungen:
- Arterienverkalkung an den Herzkranzgefäßen (Koronararterien) führt zur Herzinsuffizienz mit dem hohen Risiko eines Herzinfarkts. (Insuffizienz bedeutet in der Medizin eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit)
- Eine Verkalkung der Halsschlagader und deren hirnversorgenden Gefäße kann einen Schlaganfall auslösen.
- Verengungen und Verschlüsse der Becken- und Beinarterien führen zur peripheren Verschlusskrankheit (pAVK), besser bekannt als „Schaufensterkrankheit“ und können die Ursache für Amputationen der Gliedmaßen sein.
- Eine Verkalkung der Augengefäße verschlechtert die Sehkraft und kann Netzhautblutungen und Erblindungen zur Folge haben.
- Arteriosklerotisch veränderte Nierengefäße bewirken in der Regel einen hohen Blutdruck und sind Ursache der so genannten arteriosklerotischen Schrumpfnieren mit Niereninsuffizienz bis hin zum Nierenversagen.
Viele Risikofaktoren als Arteriosklerose-Ursachen
Die Arteriosklerose gilt als „multifaktorielle“ Erkrankung, d. h. bei ihrer Entstehung spielen viele ungünstige Bedingungen und begleitende Erkrankungen eine Rolle. Als nicht beeinflussbare Risikofaktoren gelten das Alter, das Geschlecht sowie eine erbliche Belastung. Beeinflussbare Risikofaktoren sind hingegen Bluthochdruck, ein hoher Cholesterinspiegel (LDL), Diabetes mellitus (Typ 1 und 2), Fehlernährung und Übergewicht, zu viel Alkohol, Bewegungsmangel, ungesunder Stress und vor allem Rauchen. Nikotin wirkt direkt auf die Blutgefäße und verengt sie, das Kohlenmonoxid erhöht indirekt den Blutdruck. Wer Arteriosklerose vorbeugen möchte, sollte daher auf einen übermäßigen Genuss von Alkohol, Nikotin und ungesunden Lebensmitteln verzichten und generell einen gesunden Lebenswandel pflegen.
Arteriosklerotische Gefäßveränderungen treten meist erst ab dem 40. Lebensjahr auf, nehmen aber mit höherem Lebensalter dann rasch zu, sodass die Arterienverkalkung bis zu einem gewissen Grad als natürlicher Alterungsprozess angesehen wird.
Männer erkranken häufiger als Frauen. Sie haben beispielsweise gegenüber Frauen ein 1,3- bis 1,8fach erhöhtes Schlaganfallrisiko oder erleiden drei- bis viermal häufiger einen Herzinfarkt. Erbliche Risiken, also eine Veranlagung für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, bestehen, wenn mehrere Verwandte bereits Bluthochdruck, Gefäßerkrankungen, Thrombosen oder Infarkte erlitten haben. Die erbliche Veranlagung muss nicht zu einer Erkrankung führen, sollte aber als Risikofaktor im Auge behalten werden, damit rechtzeitig vorgebeugt werden kann.
Zur Vorbeugung: Risikofaktoren ausschalten
Man kann selbst einiges dazu beitragen, die arteriosklerotischen Prozesse zumindest zu verlangsamen – dadurch, dass man konsequent die Risikofaktoren beachtet und bekämpft. Dies bedeutet:
- Das Rauchen aufgeben.
- Sich ausgewogen, gemüse- und obstreich ernähren, tierische Fette vermeiden bzw. reduzieren, mehrfach ungesättigte Pflanzenöle verwenden, auf reichlich Vitaminzufuhr (C, E und Betacarotin) als sog. Antioxidantien achten.
- Übergewicht vermeiden oder reduzieren.
- Sich regelmäßig und ausdauernd bewegen.
- Einen vorliegenden Diabetes mellitus gut einstellen, erhöhten Blutdruck und Cholesterinspiegel senken.
- Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen.
Wie kann eine Arteriosklerose-Diagnose gestellt werden?
Die Arterienverkalkung ist von „außen“ nicht sichtbar. Hinweise, dass eine solche vorliegt, ergeben sich jedoch meist durch die typischen Beschwerden der einzelnen Folgeerkrankungen. Ebenso liefern Laboruntersuchungen, mit denen Risikofaktoren wie z. B. erhöhte Cholesterin- oder Blutzuckerwerte erfasst werden, wertvolle Anhaltspunkte. Zur Lokalisation und zur Feststellung des Ausmaßes der Gefäßverengungen und Strömungsbehinderungen setzt dann die ganze Bandbreite der modernen apparativen Diagnostik ein: Ultraschalluntersuchungen (Sonographie/Dopplersonographie), die verschiedenen EKG-Verfahren, Röntgen mit Kontrastmittel (Angiographie) oder Herzkatheteruntersuchungen
Arteriosklerose-Therapie – je nach Schwere medikamentös oder operativ
Noch gibt es keine Therapien, eine bereits eingetretene Verkalkung der Arterien abzubauen und starren Gefäßwänden ihre Elastizität zurückzugeben. Aber es stehen verschiedene Therapiekonzepte zur Bekämpfung der Folgeerscheinungen zur Verfügung.
Im Rahmen sog. konservativer Therapien haben Medikamente ein breites Anwendungsgebiet. Sie werden beispielsweise eingesetzt, um die Fließeigenschaften des Blutes zu verbessern und einer Gerinnselbildung (Thrombus) vorzubeugen oder um Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder Diabetes mellitus zu behandeln. Mit einer guten medikamentösen Einstellung des Patienten, verbunden mit gesunder, an Risikofaktoren armer Lebensweise, können die arteriosklerotischen Veränderungen verlangsamt werden.
Operative Therapien werden bei schweren Verläufen mit drohenden Komplikationen notwendig. Welches Verfahren dabei angezeigt ist, hängt ab von der Lokalisation und dem Ausmaß der Arterienverkalkung.
Zur Gefäßerweiterung bei Stenosen ist eine sog. Ballonangioplastie in der Arteriosklerose-Behandlung üblich. Mithilfe eines Katheters wird ein kleiner Ballon bis zur Gefäßengstelle geschoben und dort unter Druck entfaltet, sodass die Verengung aufgesprengt wird. Oft wird danach ein sog. Stent – eine Gefäßstütze aus Maschendraht – eingelegt, um das Blutgefäß von innen her offen zu halten. Bei einer Bypass-Operation wird mittels eines Ersatzgefäßes – ein Stück Beinvene oder ein Kunststoffschlauch – das Blut an der Verengung vorbeigeleitet.