Seniorin mit rheumatischer Erkrankung bei Krankengymnastik Seniorin mit rheumatischer Erkrankung bei Krankengymnastik

Gelenke in Gefahr: Arthrose & Arthritis

Schmerzen, Entzündungsschübe und Beeinträchtigung der Bewegung – diese Symptome kennen viele aus eigener Erfahrung. Denn Gelenkverschleiß und Gelenkentzündung gehören zu den häufigsten Erkrankungen überhaupt. Betroffen sind vor allem wiederum ältere Menschen.

Gelenke sind die beweglichen Verbindungen unseres Skelettsystems. Sie sorgen in Zusammenarbeit mit den Muskeln dafür, dass wir uns bewegen können. Dementsprechend komplex ist ihr Aufbau: Sie bestehen aus einer Gelenkkapsel, die den Gelenkkopf und die Gelenkpfanne umschließt, sowie dem Gelenkspalt. Im Gelenkspalt findet sich die sog. Synovialflüssigkeit, die auch als „Gelenkschmiere“ bekannt ist. Sie wird von der Gelenkinnenhaut (Synovalis) gebildet und sorgt für die Ernährung der blutgefäßlosen Knorpelschicht, die die Gelenkenden überzieht und die Knochen schützt.

Gelenkbänder führen die Bewegung und stabilisieren das Gelenk. Teilweise verfügen Gelenke auch über Zwischenscheiben aus Faserknorpel, den sog. Minisci oder Disci (= Bandscheiben). Die Faserknorpel dienen als „Stoßdämpfer“ und ermöglichen einen Bewegungsausgleich. All diese Gelenkteile und Strukturen können nun in unterschiedlichem Maße betroffen sein und in einem oft jahrelang dauernden Prozess zerstört werden, wenn das Gelenk an Arthrose oder Arthritis erkrankt.

Schmerzen im Knie

Arthrose – Degeneration der Gelenkknorpel

Arthrose ist allgemein der Verschleiß eines Gelenks. Alle Gelenke – Schultern, Finger, Rückgrat und Bandscheiben, Hüfte und Knie bis hin zu Sprunggelenk und Fußknochen – können von Arthrose betroffen sein. Die einst glatte Knorpeloberfläche wird zunehmend rauer oder bricht auf, wird uneben und dünner. Der Organismus reagiert zwar anfangs mit der Bildung von lockerem Bindegewebe, dieses kann jedoch die Funktion des gesunden Knorpels nur teilweise ersetzen. Die Gleitfähigkeit der Gelenkflächen nimmt ab, ebenso die Stoßdämpferfunktion des Knorpels im Gelenk. Die Reibung im Gelenk und die Druckbelastung des angrenzenden Knochens nehmen dagegen rapide zu. Bei Bewegungen wird der Belastungsdruck direkt an die Knochen weitergeben. Dadurch kann es sowohl zu Läsionen im Knorpel, wie auch später in den Knochen kommen.

Darstellung einer Arthrose im Knie

Erste Symptome für eine Arthrose sind Anlaufschmerzen nach dem Aufstehen. Sie lassen zwar nach, wenn sich das Gelenk „eingelaufen“ hat, treten aber bei längerer Belastung wieder auf. Weitere Symptome sind knirschende Gelenke (Krepitationen), Bewegungseinschränkungen sowie oft starke Muskelverspannungen durch die schmerzbedingte Schonhaltung, die sich der Arthrosepatient unbewusst angewöhnt.

In fortgeschrittenem Stadium der primären Arthrose kommt es dann zu einem Teufelskreis von Entzündungsprozessen, der die schleichende Gelenkzerstörung vorantreibt: Je mehr Abrieb im Gelenk, desto stärker ist die Entzündung der Gelenkschleimhaut. Je heftiger die Entzündung der Gelenkschleimhaut, desto ausgeprägter ist die Knorpelerweichung, die zu weiterem Knorpelabrieb führt.

Es gibt eine primäre und eine sekundäre Form der degenerativen Arthrose. Die primäre Arthrose ist eine Folge des biologischen Alterungsprozesses. Bei der sekundären Arthrose lässt sich eine Ursache für den Gelenkverschleiß ermitteln, wie beispielsweise angeborene Hüftluxationen, Verletzungen, Ernährungsstörungen des Knorpels durch Immobilisation oder Überbelastung beim Sport. Hier ist meist das Kniegelenk jüngerer Patienten betroffen. Aber auch Stoffwechselerkrankungen können zu Arthrose führen.

Die Behandlung der Arthrose konzentriert sich auf die Linderung der Schmerzen und der Bewegungseinschränkung. Denn obwohl in den Medien von Zeit zu Zeit der Eindruck erweckt wird, dass Arthrose endlich heilbar sei, ist es leider bisher unmöglich, einen einmal geschädigten Knorpel wieder aufzubauen. Als Therapien empfehlen sich in erster Linie physikalische Behandlungen wie Massagen, Wärme- und Kälteanwendungen, Krankengymnastik oder Ergotherapie, des Weiteren eine bedarfsgerechte medikamentöse Therapie. Wenn das alles nicht mehr hilft, sollte eine Operation bzw.die Implantation eines künstlichen Gelenks erwogen werden. Ausgereifte Implantationstechniken, endoskopische und minimalinvasive OP-Methoden sowie schonende Anästhesie-Verfahren tragen heute zu größerer Sicherheit und einem kürzeren Klinikaufenthalt bei.

Arthritis – Gelenkzerstörung durch Entzündung

Keine typische Alterserkrankung, sondern in allen Altersgruppen vertreten, ist die rheumatoide Arthritis (RA) bzw. die chronische Polyarthritis (cP). Am häufigsten kommt die umgangssprachlich als Rheuma bezeichnete Krankheit zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr vor. Frauen erkranken daran dreimal häufiger als Männer.

Die rheumatoide Arthritis führt zu Entzündungen der Gelenke, kann aber auch auf Sehnen, Bänder, innere Organe wie Herz und Lunge, Haut, Blutgefäße, Bindegewebe der Augen sowie Speichel- und Tränendrüsen übergreifen. Die genauen Ursachen sind bis heute unbekannt. Es wird eine Fehlsteuerung des Immunsystems vermutet, das fälschlicherweise Mengen von Autoantikörpern bildet, die sich gegen die Gelenke und die verschiedenen körpereigene Strukturen richten. Um die zerstörerischen Autoantikörper abzuwehren, entwickelt der Organismus wiederum Antikörper dagegen. Auch eine genetische Veranlagung für rheumatoide Arthritis ist möglich, ebenso hormonelle Einflüsse.

Darstellung von Arthritis im Knie

Der sogenannte Rheumafaktor, ein spezieller Antikörper sowie das Ausmaß der Entzündung lassen sich durch eine Blutuntersuchung ermitteln. Der Umfang der Gewebe- und Gelenkschäden wird durch röntgen bestimmt. Sie lasssen frühzeitig typische Veränderungen erkennen, wie z. B. eine gelenknahe Osteoporose (der Kalksalzmangel im Knochen ist ein Frühzeichen), mäusebissartige Knochendefekte am Rand der Gelenkfläche oder eine Verschiebung der Wirbelkörper der Halswirbelsäule.

Erste Warnzeichen für eine rheumatoide Arthritis sind Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und Kraftlosigkeit. Bald kommen Gelenkschwellungen und anhaltende Schmerzen an den befallenen Gelenken hinzu, die in Ruhe, bei Bewegung und / oder als Dauerschmerz auftreten. Typisch für die rheumatoide Arthritis sind auch die „Morgensteifigkeit“ der Gelenke – sie ist diagnostiziert, wenn sie für mindestens eine Stunde und länger als sechs Wochen besteht –  sowie das symmetrische Auftreten der Beschwerden, d.h. dass die beiden einander entsprechenden Gelenke der linken und rechten Körperhälfte gleichzeitig betroffen sind.

Der Krankheitsverlauf der rheumatoiden Arthritis ist individuell oft sehr unterschiedlich. Häufig setzen die typischen Beschwerden langsam und schleichend ein, manchmal schlagartig, manchmal in Schüben, bei anderen Betroffenen wiederum langsam und sich über Jahre steigernd. Im Spätstadium der Erkrankungen treten Verformungen und Versteifungen der Gelenke auf, die besonders an den Fingergrund- und -mittelgelenken sehr ausgeprägt sein können.

Auch die rheumatoide Arthritis ist bislang nicht ursächlich heilbar. Als Therapien kommen in Frage: Die verschiedensten Medikamente, auch neuerer Genera­tionen, gegen die Entzündung und Schmerzen, das Einspritzen von Kortison in die Gelenke, Krankengymnastik und physikalische Anwendungen, Ergo-Therapie, zuletzt die operative Entfernung der Gelenkschleimhaut (Synovektomie) oder die rekonstruktive Chirurgie mit Gelenkprothesen. Forscher arbeiten jedoch weltweit an der Entwicklung von Wirkstoffen, die in die Kommunikation der Immunzellen eingreifen, die für den Entzündungsprozess verantwortlich sind.

Was kann man dagegen tun?

Noch gibt es weder bei Arthrose noch bei Arthritis eine Heilung. Die Behandlung ist bei beiden Erkrankungen symptomatisch und dient der Linderung von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sowie der Eindämmung der entzündlichen Prozesse.

Medikamente

Zur Schmerzlinderung kommen zunächst nicht-steroide Antirheumatika zum Einsatz, bei starken Schmerzen auch in Kombination mit zusätzlichen Schmerzmitteln, die über gute entzündungshemmende Wirkungen verfügen. Glukokortikoide werden vor allem bei RA zur Reduzierung der Entzündung sowohl bei einem akuten Schub als auch zur Basistherapie eingesetz.

Physikalische Therapien

Damit können zum einen Schmerzen gelindert und zum anderen wird die Beweglichkeit gefördert werden. Als Therapien stehen zur Verfügung: Wärme- und Kälteanwendungen, Krankengymnastik, Ergotherapie, Massagen usw. Auch wenn die Gelenke schmerzen sollten, ist es ganz wichtig, durch angepasste Sportaktivitäten in Bewegung zu bleiben. Geeignet sind z. B. Wassergymnastik, Rad fahren oder Walking.

Alternative Therapien

Zur Schmerzbekämpfung ist hier die Akupunktur aufzuführen, aber auch bewusstseinsverändernde Verfahren wie autogenes Training können eine sinnvolle Ergänzung der Gesamtstrategie sein. In diesem Sinne kann auch die Anwendung von Naturheilmitteln wie Teufelskrallen- oder Brennnesselextrakten oder Knorpel aufbauenden Präparaten gesehen werden, deren Wirkung allerdings nicht eindeutig wissenschaftlich abgesichert ist.

Operationen

Hierbei werden zwei Vorgehensweisen unterschieden: gelenkerhaltende und gelenkersetzende Operationen. Zu ersteren gehört z. B. die Arthroskopie zur Knorpelglättung und Gelenkspülung oder die Knorpel-Knochen-Transplantation. Beim Gelenkersatz sind Schalenprothesen (Ersatz der Gelenkflächen) oder die Totalendoprothese möglich.

Hilfe zum Erhalt der Selbstständigkeit

Ältere Menschen mit Erkrankungen des Bewegungsapparates sind extrem gefährdet, ihre Mobilität und damit ihre Selbstständigkeit zu verlieren. Dies möglichst lange zu verhindern, steht deshalb im Mittelpunkt allen pflegerischen Bemühens. Aber auch hier gilt wieder: Wenn Sie einen Angehörigen mit Gelenkerkrankungen betreuen, sehen Sie sich nach Hilfe um und nehmen diese auch in Anspruch. Denken Sie immer daran, dass der Pflegebedürftige darauf angewiesen ist, dass Sie gesund bleiben.

Einige wichtige Hinweise zur Pflege

  • Leistungsabbau durch Bewegungsmangel: Bewegungsmangel verstärkt den Verlust von Muskelmasse und -kraft, vermindert Herz- und Lungenleistung, erhöht das Thromboserisiko und beschleunigt den allgemeinen Kräfteverfall, um nur einige Komplikationen zu nennen.
  • Psychische Verfassung berücksichtigen: Der Rheumakranke muss nicht nur behinderne Bewegungsstörungen und Schmerzen in sein tägliches Leben integrieren, sondern hat sich häufig auch noch mit körperlichen Deformationen auseinanderzusetzen, die das Selbstwertgefühl schwer belasten können. Eine Beratung zum Umgang mit der Erkrankung ist dann mindestens genau so wichtig, wie die Linderung körperlicher Beschwerden.
  • „Fördern durch Fordern“: Aus verständlichen Gründen – Bewegungen verursachen Schmerzen – neigen Rheumakranke dazu, sich zu schonen. Und Pflegende – professionelle wie Angehörige – sind oft nur allzu bereitwillig, dem Patienten alles abzunehmen, was Schmerzen verursachen könnte. Damit wird aber eine wichtige Therapiechance nicht genutzt, denn die Durchführung von Alltagsaktivitäten ist „Therapie“ für den bewegungsbeeinträchtigten, älteren Menschen.
  • Zur „Selbsthilfe“ anleiten: Dies wird umso effektiver sein, je besser es gelingt, auf Art und Ausmaß der Behinderung einzugehen sowie verbliebene Fähigkeiten richtig einzuschätzen. Bei rheumatoider Arthritisstehen zum Beispiel Störungen der Feinmotorik mit Schwierigkeiten beim Zuknöpfen der Kleidung, beim Schreiben oder bei der Bedienung kleinerer Schalter im Vordergrund. Arthrose-Patienten zeigen dagegen vorwiegend Störungen im Bereich der größeren Gelenke und haben beispielsweise Schwierigkeiten beim Aufheben von Gegenständen, Anziehen eines Kleidungsstückes oder beim Gehen über längere Strecken.
  • Hilfsmittel richtig einsetzen: So manche Behinderung kann durch den Einsatz von Hilfsmitteln ausgeglichen werden. Sie stehen heute praktisch für alle Bereiche des täglichen Lebens zur Verfügung. Damit die Hilfsmittel aber auch wirklich etwas nützen, sind sie exakt nach den Bedürfnissen des Patienten auszuwählen und einzusetzen. Zudem muss der Patient das Hilfsmittel auch akzeptieren und in der sicheren Anwendung „geschult“ werden. Kommt er mit dem Hilfsmittel nicht zurecht, kann ihn das weiter tief verunsichern.
  • Wohnung sinnvoll anpassen: Eine Wohnung, die in ihrer Ausstattung „ behindertengerecht“ ist, kann viel zum Erhalt von Mobilität und Selbstständigkeit beitragen. Dazu würde beispielsweise gehören, alle gefährlichen Stolperfallen zu entfdernen, gute Lichtquellen zu installieren, gehhilfengeeignete Durchgänge zu schaffen oder vor allem im Bad- und Toilettenbereich sichere Haltegriffe anzubringen.