Warum wurden die geplanten Gesetzesänderungen erforderlich? Seit Jahren steigen die Kosten für Heilmittel wie beispielsweise Krankengymnastik, Physio- oder Sprachtherapie, aber auch für medizinische Hilfsmittel, die unbedingt erforderlich sind, um den Erfolg einer (Kranken)Behandlung zu sichern wie beispielsweise Prothesen, Rollstühle, orthopädische Einlagen oder insbesondere verordnungsfähige Inkontinenzhilfen. Um die wachsenden Ausgaben für medizinische Hilfsmittel einzudämmen, stellte die Politik den Krankenkassen frei, auch diese „auszuschreiben“. Dies bedeutet praktisch, dass ausschließlich der Ausschreibungsgewinner ein bestimmtes Gebiet beliefern darf. Und der Gewinner ist natürlich immer der, der den günstigsten Preis bietet. Konnten also Patienten vorher zum Sanitätshaus ihrer Wahl gehen, sind sie nach einer Ausschreibung auf den Ausschreibungsgewinner angewiesen.
Auf diese Weise geht u. a. die „Qualität baden“, wie Karl-Josef Laumann, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, moniert. Denn die Ausschreibungspolitik der Kassen hat zur Folge, dass Kostenträger nur noch bereit sind, ihren Versicherten mit dem Problem der Inkontinenz lediglich eine Minimalversorgung zu finanzieren. Dies wiederum führt dazu, dass viele Versicherte mit ihrer Versorgung unzufrieden und teils enormen Belastungen durch einen Wechsel des gewohnten Produktes oder nicht bedarfsgerechter Qualität des neuen Produktes ausgesetzt sind. Wer etwas Besseres als das Standardprodukt des Ausschreibungsgewinners haben will, muss privat zuzahlen. Dies können bis zu 120 Euro im Monat extra für hochwertigere Inkontinenzprodukte sein.
Die adäquate Versorgung mit medizinischen Hilfsmitteln leidet aber auch in anderen Bereichen. Beispielsweise müssen Patienten zum „Gewinner“ eines Rollstuhl-Angebotes schon mal hundert Kilometer zurücklegen, sofern das Modell gerade erhältlich ist. Die Universität Frankfurt am Main hat dazu untersucht, wie schnell ein Ausschreibungsgewinner Patienten versorgt. Ein Beispiel dazu: Im Falle von Antidekubitus-Liegehilfen hätten diese laut Ausschreibung der AOK innerhalb von 24 Stunden geliefert werden müssen – das Sanitätshaus scheiterte aber bis zu 80 Prozent an dieser Vorgabe.