In einer repräsentativen Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP), für die 400 Leitungskräfte ambulanter Pflegedienste befragt wurden, zeigte sich, dass anscheinend alle an der häuslichen Pflege beteiligten Gruppen in Sachen Hygiene mehr oder weniger große Probleme haben.
Bei der Diskussion um Hygieneprobleme steht bisher der stationäre Pflegebereich im Fokus. Wie aber sieht es in der ambulanten Pflege aus? Immerhin leben die meisten pflegebedürftigen Menschen zuhause. Um mehr über die Praxissicht auf das Thema Hygiene zu erfahren, hat das ZQP eine repräsentative Befragung bei 400 Leitungskräften von ambulanten Pflegediensten durchgeführt. Im Mittelpunkt der Interviews standen die Erfahrungen mit der Umsetzung von fachlichen und rechtlichen Hygieneanforderungen sowie ihre Einschätzungen rund um den Themenkomplex multiresistente Erreger.
Aus Sicht der ambulanten Pflegedienste ist fehlendes Wissen von pflegenden Angehörigen ein zentrales Problem. Drei Viertel der befragten Pflegedienstleitungen (76 Prozent) gaben an, dass dies die Umsetzung der fachlichen und gesetzlichen Hygienestandards bedeutend erschwere.
Doch die ambulanten Pflegedienste sehen auch bei sich selbst Probleme, hygienische Standards wie die Händedesinfektion vor und nach Pflegehandlungen einzuhalten. Laut Umfrage liegt dies in den meisten Fällen daran, dass die Mitarbeiter zu wenig Zeit haben (38 Prozent) oder generell zu wenig sorgfältig sind (24 Prozent). Als weitere Belastung nannten die Befragten, nicht genügend Personal zur Verfügung zu haben (22 Prozent) sowie Wissensdefizite bei den Mitarbeitern (11 Prozent). Als die drei Hygienethemen mit dem dringendsten Informationsbedarf gaben die Befragten an:Umgang mit Pflegebedürftigen mit Problemkeimen (27 Prozent), Händedesinfektion (20 Prozent) und Wundversorgung (16 Prozent).
Ein weiteres Hindernis könnte sein, dass es zu wenig Raum gibt, um über Hygienethemen zu sprechen. Knapp zwei Drittel (65 Prozent) der Befragten berichten, dass Hygieneprobleme aus dem Praxisalltag maximal einmal wöchentlich im Team angesprochen werden.
Auch bei der Abstimmung mit dem Hausarzt hapert es oftmals. 19 Prozent der Befragten beklagten, dass bei dem ersten Kontakt mit einem neuen Klienten kein Austausch mit dem Hausarzt über hygienerelevante Informationen stattfindet, obwohl sie dies für wichtig hielten.
Höchst interessant bzw. alarmierend sind auch die Befragungsergebnisse zum Thema multiresistente Erreger, die insbesondere schwer erkrankten Pflegebedürftigen gefährlich werden können. Über die Hälfte aller ambulanten Pflegedienste in Deutschland (57 Prozent) haben im vergangenen Jahr Menschen versorgt, bei denen dokumentiert war, dass sie mit einem solchen Problemerreger besiedelt waren. Soweit bekannt, kamen ambulante Pflegedienste am häufigsten in Kontakt mit den drei Erregergruppen MRSA (zu 95 Prozent) ESBL-Bildner wie Escherichia coli oder Klebsiella pneumoniae (zu 25 Prozent) und die multiresistenten gramnegativen Erreger 3-MRGN/4-MRGN (zu 18 Prozent). Auch der Durchfallerreger Clostridium difficile machte Pflegebedürftigen häufig zu schaffen (zu 18 Prozent).
Zurecht fordert daher Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP: „Wir müssen im Gesundheitssystem die häusliche Pflege als relevantes Feld im Kampf gegen multiresistente Keime stärker wahrnehmen. Zu Risiken und dem richtigen Umgang mit solchen Infektionen im häuslichen Versorgungsfeld müssen Angehörige und Profis gezielter aufgeklärt werden“.
Suhr zog auch das Fazit aus der Studie: „Um die Sicherheit von Pflegebedürftigen in der häuslichen Pflege zu verbessern, müssen Wissen, Kompetenz und Austausch zwischen den drei wichtigsten Versorgungsakteuren, den pflegenden Angehörigen, den ambulanten Diensten und den Hausärzten gestärkt werden“.